Tanz den Loritz


Foto: Christoph agi Böhm

‘Tanz den Loritz (Hans)’ — une danse macabre (massacre)

 
 

 Exposé von Christoph agi Böhm in drei Geschichten für eine
Inszenierung aus Tanz ⁄ Musik ⁄ Performance & Installation zum 75. Jahrtag der Befreiung des KZ Sachsenhausen am 14. April 2020.

1. Mai bis zum 9. Juni 2019
 
 

vom 1. Mai bis zum 9. Juni 2019 kommuniziert Christoph agi Böhm sein Thema mit Künstlern und Kollegen, mit Historikern, Musikern, Tänzern und verschiedenen Institutionen in einem offenen Labor.
 
Am 14. April 2020 ist der 75. Jahrestag der Befreiung des Kz Sachsenhausen (bei Oranienburg, nördlich von Berlin). Insgesamt wurden dort mehrere zehntausend Häftlinge ermordet.
 
Der KZ–Kommandant Hans Loritz (von Ende 1939 bis Ende 1942) war ein unvorstellbar grausamer Massenmörder der SS–Zeit. In der Mitte des Lagers legte die Wehrmacht die so genannte Schuhläuferstrecke an mit unterschiedlichen Bodenbelägen, die dem Durchschnitt der Straßenbeläge im deutschen Reich entsprachen.

 
 

Stop and Go — goes FLUXUS
Anfang der 1990er durfte ich am Strand in der Nähe von Rom beobachten, wie ein alter, offensichtlich geistig eingeschränkter Mann, sämtliche Schuhe seiner Umgebung sammelte, um damit stundenlang, auf allen Vieren krabbelnd, im Sand Stop & Go zu spielen. Er bildete eine lange Schlange aus den Schuhen und zog immer den ersten Schuh vor und rückte die anderen nach, in Schlangenlinie über die Handtücher und Decken, unter den Liegestühlen durch. Immer wenn jemand seine Schuhe wieder holte, schloss er sofort die Linie — und alle Gespräche führte er in dieser hündischen Haltung.

 
 

Schuhläufer–Kommando
Das Schuhläufer–Kommando war eine Strafkompanie im Konzentrationslager Sachsenhausen, bei der Häftlinge auf der Schuhprüfstrecke Schuhe testen mussten.
 
Auftraggeber waren ab Juni 1940 zivile Schuhunternehmen (u.a. Salamander lebe hoch), Leder-Ersatzstoff–Hersteller und Schuhleistenfabrikanten, und ab November 1943 auch die Wehrmacht. Die Schuhprüfstrecke war knapp fünf Jahre lang, bis Frühjahr 1945, in Betrieb. In das Schuhläufer–Kommando abkommandiert zu werden galt als Strafe, denn die Häftlinge wurden schlecht ernährt. Die zu laufende Strecke von bis zu 48 Kilometern entsprach etwa der Länge eines Marathonlaufs. Manche Häftlinge des Strafkommandos, das zeitweilig 170 Männer umfasste, mussten zudem schwere Rucksäcke schleppen. Täglich sollen, nach konservativen Schätzungen, 15 bis 20 Häft– linge bei diesen Materialtests gestorben sein. Aufsicht führten Zivilbeamte des Reichswirtschafts– ministeriums&hellip
 
[Auszüge aus: Wikipedia/Schuhläufer-Kommando]

 
 

Und eine dritte Geschichte:
Auf dem Parkplatz vor dem KZ Theresienstadt erlebte ich zwei Busladungen alter Juden, die sich nach dem KZ–Besuch völlig erschöpft, heulend und sich gegenseitig in ihrem Leid stützend, um die Busse herum niederließen. Etwa zehn Minuten später öffnete jemand die Kofferräume und die Ersten holten sich Proviant, Essen und Trinken. Nach weiteren 10 Minuten wurden eine Geige und eine Klarinette ausgepackt und langsam fingen sie an zu singen und zu tanzen. Ich habe bis dato noch nie erlebt, welch starke Impulse Musik und Tanz gegen den Schmerz sein können. Gleichsam wie Münchhausen (sich selbst an den Haaren aus dem Dreck ziehend) zogen sich die Leutchen mit Essen, Trinken, Musik und Tanz aus ihrem Schmerz.

 
 


Foto: Christoph agi Böhm
 
 
 
 

Foto: Christoph agi Böhm
 
 
 
 
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